Was Ordnung mit mir macht | #declutter

Sonntag, 8. Oktober 2023


Letztens, als ich meine Makeup-Sammlung mal wieder neu ordnen und dafür meine Lidschatten sortieren wollte, fiel mir auf, wieviel ordentlicher, aber vor allem, wie viel schöner meine Umgebung dadurch im letzten Jahr geworden ist. Ich konnte mich mit den kleinen Behältnissen gut auf meinem Schreibtisch ausbreiten und habe nach dem Rumprobieren mit der bunten Farben und dem Aussortieren der fragwürdigen Lidschatten aber auch sofort gewußt, wo alles wieder hingehörte.. und mich überkam darüber so ein Gefühl von Freiheit. Als würde ich den Weg klarer vor mir sehen.

Aber: warum ist das so?

Logo: ein aufgeräumtes Zuhause, ein ordentlicher Raum oder auch nur Schreibtisch ist schön.. aber WARUM fühle ich mich jedesmal wie befreit oder fast triumphant, wenn ich mich in diesen entschlackten Bereichen bewege? Warum ist das Aufräumen für mich ein verlässlicher Stimmungsaufheller und macht mir fast mit Garantie gute Laune, so, als hätte ich meinen persönlichen Mount Everest bestiegen?

Weil es wahrscheinlich genau das ist: ein Sieg über das System des Chaos, ein Erfolg, den ich nicht nur mit Genugtuung, sondern auch großer Erleichterung erlebe, weil er bedeutet, daß ich mich aus den Fängen des alten Systems befreit habe - und zwar von allein (okay, mit Unterstützung). 




Ein sieg über das system des Chaos


Um jetzt keine falschen Erwartung aufkommen zu lassen: nein, bei uns ist es nach wie vor nicht wie im sterilen Hotelzimmer und nein, auch nicht so, daß ein Fotoredakteur für eine Bildstrecke auf 'Schöner wohnen' vorbeikommen könnte..
aber es ist BESSER! Zumindest für die Verhältnisse, aus denen ich komme!! Und die sind eher -- unorganisiert, um es mal liebevoll zu verbrämen ;-)




Denn bei uns wurde gern am Chaos festgehalten, statt es zu gestalten - und zwar im übertragenen wie auch im Wortsinne. Dabei bestand der handfeste Teil dieser Lebensweise darin, die eigenen Habseligkeiten eben nicht regelmäßig zu organisieren oder gar zu minimieren und das gar nicht aus großer Sentimentalität, sondern einfach nur, weil achtlos statt aktiv mit ihnen umgegangen wurde. Ordnung hatte keine Priorität in dem Leben, aus dem ich komme. 

Und das führt eben nicht nur zu Haufen an Kram, sondern auch zu Gewohnheiten, die schlecht von alleine wieder weggehen..
und eben auch mieser Laune, wie ich feststellen durfte. Denn das genau das Gegenteil dessen, was ich vorgelebt und auch für mich selbst angenommen habe, zu einer Stimmungsaufhellung führen würde - obwohl so ein Akt des Aufräumens ja nicht gerade nach Antidepressivum, sondern Anstrengung klingt - darauf wäre ich von alleine nicht gekommen. 
Was hat denn das eine auch mit dem anderen zu tun? 

Ordnung kann einen erheblichen Einfluss auf unser psychisches Wohlbefinden haben. Wenn wir in einer unordentlichen Umgebung leben oder arbeiten, kann dies zu Stress, Angstgefühlen und Überforderung führen. Andererseits kann eine aufgeräumte Umgebung dazu beitragen, dass wir uns ruhiger und entspannter fühlen. Auch das Schaffen von Struktur und Routinen kann uns dabei helfen, uns sicherer und produktiver zu fühlen. In diesem Sinne spielt Ordnung eine wichtige Rolle in unserem psychischen Wohlbefinden.


Ich aber hatte schon immer Schwierigkeiten damit, Ordnung und somit meine Umgebung organisiert zu halten. Ich schiebe es darauf, daß ich es nie anders gelernt habe und einfach noch nie wußte, wo ich anfangen sollte: Ordnung war für mich stets eine Herausforderung, weil wir insgesamt ein chaotisches Leben geführt haben. 




Angeblich soll ja aber ein aufgeräumter Raum zu einem ebenso aufgeräumten Geist führen: tatsächlich gibt es Studien [1], die die Auswirkungen von Ordnung und Unordnung auf unser Gehirn und unsere Psyche untersucht haben:


➽ ORDNUNG: 

🗹 Menschen können sich in einem aufgeräumten Raum besser konzentrieren, produktiver arbeiten und schneller Entscheidungen treffen als in einem unordentlichen Raum.
🗹 Menschen in einem aufgeräumten Raum hatten ein höheres Maß an körperlichem Wohlbefinden und geistiger Klarheit



➽ UNORDNUNG:

das Vorhandensein von Unordnung im Raum kann das Gehirn ablenken und unnötige Energie verbrauchen, was zu Stress und Angst führen kann.
☒ Menschen, die in einem unordentlichen Raum leben, sind eher müde und gestresst und können Schwierigkeiten haben, sich zu entspannen und zu erholen
☒ besonders Frauen, die in einem unordentlichen Zuhause leben, haben höhere Spiegel des Stresshormons Cortisol als Frauen, die in einem aufgeräumten Zuhause leben. Dies wirkt sich auch auf den allgemeinen Gemütszustand in im Verlaufe des Tages aus.




Es gibt also einen Zusammenhang zwischen Unordnung und Wohlbefinden, nicht nur in meinem subjektiven Empfinden: nach allem, was ich gelesen habe, denke ich mittlerweile aber auch, daß die Art, mit Unordnung umzugehen - oder eben nicht - im Umkehrschluss aufzeigen kann, wie es um die mentale Gesundheit bestellt ist bzw wie andere Konzepte der Lebensbewältigung angegangen werden. 




Bei den Tipps zu "Warum Ordnung einen positiven Einfluss auf Ihr Leben hat", stand nämlich sinngemäß dabei, daß man bedenken sollte, daß Ordnung halten ein wichtiger Bestandteil von Selbstfürsorge ist. 

1. Um sich wohler und produktiver zu fühlen, sollte man sich also regelmäßig Zeit dafür nehmen...
den eigenen Raum aufzuräumen und den Alltag zu organisieren.
Mit beidem ringe ich stets und ständig: wohl und produktiv hat sich bei uns wohl keiner auf Dauer gefühlt. Eine lähmende Untätigkeit legte sich eher über alles, die ich heute bewußter wahrnehme als früher. Dabei verstärken sich negative Einflüsse wohl genauso gegenseitig wie positive: ich merke es heute an mir, daß wenn es mir z.B. besser geht, ich automatisch produktiver werde. Und bin ich produktiver, geht es mir dadurch noch besser!

2. Außerdem sollte man es vermeiden, Dinge zu stapeln... 
um nicht zu vergessen, was sich darunter befindet. DAS kam mir sehr bekannt vor, allerdings noch mehr im übertragenen, als im Wortsinne, d.h. Dinge einfach aufeinander zu häufen, statt sie abzuarbeiten, wurde bei uns noch eifriger betrieben als z.B. Zeitschriftenstapel anzulegen. Unter den Teppich fegen nennt man diese Technik passenderweise auch. 
Dabei ist es meiner Meinung nach gar nicht so wichtig, stets und ständig ALLEM hinterherzufeudeln: vieles wirkte bei uns wahrscheinlich recht ordentlich bis wohlorganisiert. Doch wenn die wirklich wichtigen Dinge nie aufgeräumt werden, ist es von wenig Wert, wenn dafür alle anderen, absolut harmlosen Kramecken immer wieder schnell ausgesaugt werden und im Anschluss wie geleckt aussehen. 

3. Was auch zum letzten Tipp führte, den ich nicht ans Herz gelegt bekommen habe: Konsequenz. 
"Es ist wichtig, konsequent zu sein und sich an das System zu halten, das Sie geschaffen haben. Versuchen Sie, jeden Tag etwas Zeit für das Aufräumen und Organisieren zu reservieren, damit es zu einer Gewohnheit wird." Ähem.. nein! Unter den Tisch fallen lassen und aufschieben: ja, das haben wir perfektioniert. Aber konsequent das gute Gegenteil davon zu praktizieren, mit offenen Augen hinzusehen, wo es hakt oder müffelt? Das war nicht mit im Köcher. 




Wenn ich mir diese ganzen Negativbeispiele so selbst vorhalte, dann wirkt diese Aufzählung auf mich genauso düster wie die Stimmung der dazu passenden Fotos (↑): das es aber auch anders geht und man das Pferd ebenso von hinten aufzäumen, also die Stimmung und den Lebensstil aufheitern kann ÜBER den Umweg der äußeren Veränderung, darum geht es mir eigentlich mit diesem Protokoll. 
Sprich: um die positiven Nebeneffekte, die mit dem Erlernen der neuen Tätigkeit des Aufräumens einhergehen, ohne eigentlich beabsichtigt worden zu sein. Denn wenn es eines gibt, was sich ebenfalls mit einreiht in unsere ureigensten Verhaltensweisen, die ich bei allen Mitgliedern meiner Herkunftsfamilie entdeckte, dann ist es die allgemeine Entscheidungsschwierigkeit. 



Aufräumen? Entscheidungen treffen!


Auf englisch #decision fatigue genannt kann ich nur sagen: ich kannte das unterbewußt schon vor dem Auftauchen jeglicher hashtags und kann sagen, das macht einem zu schaffen! Das Entscheidungsunlust aber fast zwangsweise auch mit unserem eher unorganisierten Alltag und Umfeld einhergeht, ist mir erst aufgegangen, seitdem ich die Wohltaten der Organisation des eigenen Zuhauses und den damit einhergehenden, inneren Veränderungen empfangen durfte. Ich habe es ja immer genannt "den Ordnungsmuskel zu trainieren"; das ich damit auch meinen "Produktivitätsmuskel" gestärkt und dadurch meine Stimmung aufgehellt habe, wird mir erst so nach und nach klar - und wie das? Einfach nur, indem ich zuerst Entscheidungen getroffen und dadurch weitere eliminiert habe!





Auf gut deutsch: das Gehirn kann nur eine bestimmte Anzahl von Arbeitsaufträgen bearbeiten, bevor es ermüdet. Wenn ich es mit zu vielen Entscheidungen, weil bereits im Vorhinein mit zu vielen Auswahlmöglichkeiten überlaste, muss es schnell ermüden, sich herunterfahren und mich im Status Quo verharren bzw jede weitere Entscheidung aufschieben lassen. Wenn ich dann aber gezwungen bin, weiterzumachen, statt mich ausruhen zu können, wird meine Urteilsfähigkeit schlechter werden und ich werde mehr emotional als kognitiv gefärbte Entscheidungen treffen, nur um irgendeine Entscheidung zu treffen.  




Drei plastische Beispiele:

A. ich setze mich an den Schreibtisch, weil ich etwas bearbeiten will. Ich kann aber gar nicht erst damit anfangen, weil mich aller möglicher Kram von allen Seiten anstarrt, der mich nervt und daran hindert, mich konzentriert meiner Aufgabe zu widmen. Ich räume also mit einer Stinklaune auf, obwohl ich ja eigentlich was anderes machen wollte, bin danach bereits erschöpft (geistig, nicht körperlich), weil ich mich nun bereits mit so vielen Entscheidungen (wo-was-wohin?) befassen musste, und komme infolgedessen nicht mehr zu meiner eigentlichen Tätigkeit.

B. ich will einen Raum aufräumen, in dem VIEL Kram herumliegt. Ich gehe hinein, sehe das Chaos, drehe mich zum Mitarbeiter um und sage "ich will das nicht machen, lass uns wieder gehen, ich bin bereits JETZT nur vom Hinschauen müde!", weil mein Gehirn tatsächlich alles gescannt hat und sich sagt "OVERLOAD! OVERLOAD! SELBSTZERSTÖRUNG IN 3-2-1--"

C. wir räumen auf: anfangs bin ich ganz gut dabei (Phase 1), aber je länger es dauert, desto müder und genervter werde ich. Das führt zu einer seltsamen Phase des hysterischen Lachens (Phase 2), die in absolut rücksichtslosem Wegschmeißen mündet (Phase 3), was ich immer als "okay, jetzt bin ich drin, jetzt geht's los!" gewertet hatte. Dabei hatte ich zu dem Zeitpunkt meine eigene Aufnahmefähigkeit bereits lange überschritten und war zu leichtfertigen, emotionalen Entscheidungen übergegangen, die nicht mehr darauf abzielten, das beste Ergebnis zu erzielen (sinnvoll auszusortieren oder aufzubewahren), sondern nur noch darauf aus waren, mich emotional zu entlasten (einfach alles weg, damit ich die Last der Entscheidung los bin). 
Diese Phase ist nichts anderes als eine Überlastung des Arbeitsspeichers, die ich bereits aus Beispiel B kenne, wo die Überlast an Kram nicht nach und nach, sondern auf einmal auf mich einstürzt: da geht das angesichts der Masse an Entscheidungen aber mit 'System ausgelastet' in Sekunden und ich sage dann immer von Anfang an den magischen Satz: "Können wir bitte einfach alles wegwerfen?!", was nichts anderes darstellt als Phase 3 in Vollausprägung. 


Phase 1 - 2 - 3



too many options


Hier schön zu sehen: Entscheidungsmüdigkeit entsteht nicht nur durch zu viele, anstehende Entscheidungen, sie kann auch das Ergebnis davon sein, daß man im Vorhinein bereits zu viele Auswahlmöglichkeiten hatte. Und woran habe ich bei dieser Erkenntnis sofort gedacht? Nicht mal an schlimm vollgestopfte Bereiche, Schubladen und Keller, die entmüllt werden müßen, nein; ich dachte an mit hübscher Schminke bestückte ALEX-Schubladen, an mit schöner Kleidung gefüllte Schränke und Regalbretter voll von guten Schuhen.. 

auch das kann einen überfordern, wenn es einfach die eigenen Aufnahmefähigkeiten übersteigt - und zwar raumtechnisch sowie geistig! Und auch wenn ich mich absolut in der Aussage

Wir ziehen es vor, Wahlmöglichkeiten zu haben, auch wenn diese nicht unbedingt einen Mehrwert für unsere Entscheidung darstellen.

wiederfinde, muss ich neidlos anerkennen, daß das Konzept des Ausmistens und Minimierens um des Minimalismus wegen mir heute ebenso gut tut: besser, als von allem eine riesengroße Auswahl zu haben. Weil ich dann einfach einen Überblick habe, d.h. eine bestimmte Anzahl von Dingen, die ich geistig noch fassen und somit mit ihr umgehen kann, ohne das sie nur noch mit mir umgeht. 




Da hilft es also gut, die Wahlmöglichkeiten zu minimieren: 
  • entweder, indem ich mir nur einen kleinen Bereich vornehme statt gleich alles oder
  • indem ich eine Zeit festlege, in der ich mich mit dem Problem beschäftigen möchte oder
  • indem ich ausmiste und das immer und immer wieder.

Denn warum mir gerade das Ausmisten heute wirklich um 1.000000x leichter fällt als noch früher ist, daß ich es bereits in JEDEM Bereich des Hauses mindestens einmal getan habe! Somit komme ich heute an einen Ort, den ich aufräumen oder sogar beräumen soll mit dem Arbeitsauftrag, weniger Entscheidungen treffen zu müßen als noch beim ersten Mal, weil ich ja die Optionen (hier: die Dinge) bereits beim letzten Mal minimiert habe! 
Ich habe also weniger meinen Ordnungs- oder Entscheidungsmuskel trainiert, wie ich es immer dachte, sondern ich habe es mir einfach leichter gemacht, Entscheidungen zu treffen, indem ich jedesmal die Auswahlmöglichkeiten verkleinert habe - kein Wunder, daß der Anfang der schwerste war!



entrümpeln für ein besseres leben


Psychologen haben die Auswirkungen des Aufräumens auf die Vorbeugung von Entscheidungsmüdigkeit untersucht: sie kann "aus der Arbeit resultieren oder aus etwas Geringfügigem wie der täglichen Auswahl der Kleidung aus einem überfüllten Kleiderschrank. Die Folge sind Niedergeschlagenheit, Stress und sogar körperliche Erschöpfung."




Aber: "schon das Aufräumen des Zuhauses kann ein erster Schritt sein, um Entscheidungsmüdigkeit im täglichen Leben zu reduzieren – vorausgesetzt, man räumt richtig auf." Meist ist es also nicht mit ein paar Einheiten Yoga getan, um diese Art von Stressbelastung zu verringern, sondern es müßen wirklich Routinen aufgebrochen und neue Abläufe eingeführt werden. Was die meisten Menschen davon abhält, dürfte wahrscheinlich der geringe Stellenwert sein, den Aufräumen in unserer aller Leben noch hat (Unordnung ist mittlerweile viel weniger sozial geächtet als noch in vorherigen Generationen, siehe: verdammt viele unordentliche Hintergründe selbst auf Fotos, die im Internet landen) und außerdem wohl auch, daß sich einem der Zusammenhang zwischen 'seine Räume unter Kontrolle zu kriegen' und der eigenen psychischen Befindlichkeit nicht so leicht erschließt. 




Ich habe zum Beispiel zwar immer so ein unterschwelliges Bedürfnis nach 'aufräumen' im Sinne von 'mich befreien' gehabt, hätte aber nie gedacht, daß Ordnung halten zu wollen mein Leben besser machen würde - eher anstrengender, dachte ich. 

Jeder freigewordene Raum ist ein Schritt weg von der mentalen Unordnung und ein Schritt in Richtung einer gezielten Entscheidungsfindung,

erklärt aber ein Psychologe. Das Aufräumen des eigenen Heims ist wohl wichtiger für das eigene Wohlbefinden als für das Aussehen des jeweiligen Hauses! Warum es für die körperliche und geistige Gesundheit von Bedeutung ist, die Räume aufgeräumt zu halten:

1. mentale Belastung reduzieren

Die Reduktion von Auswahlmöglichkeiten (siehe Kleidung, etc) sorgt für effizientere Abläufe und bessere Entscheidungsfindung, genau wie die Reduktion von Ablenkungen für mehr Produktivität sorgt. Überfluss zu reduzieren (sei es nun in den Schränken, was für weniger Auswahl sorgt oder außerhalb, was für weniger Kram im Sichtfeld sorgt) führt also dazu, daß mentale Energie für wichtigere Entscheidungen freigesetzt wird. Ergo: durch das Erschaffen eines organisierten Lebensumfelds wird gleichzeitig die kognitive Belastung durch ständige Entscheidungsfindung verringert.


Aufräumen und in einer friedlichen, organisierten Umgebung zu leben, ist nicht nur eine Augenweide, sondern auch gut für die Seele.


2. mehr Wohlbefinden erzeugen

Wenn Unordnung dazu führt, Menschen nicht mehr zu sich nach Hause einzuladen und sich Schuld- oder Schamgefühle ob des Kontrollverlusts über das eigene Wohnumfeld breit machen, dann ist bereits der Super-GAU, nämlich die soziale Isolation, eingetreten. Denn eigentlich soll das Heim, in das wir nach Hause kommen, ein einladender Zufluchtsort sein, der uns hilft, zu entspannen. Wenn genau dieser Ort aber selbst zu einem Stressor wird, kann das Organisieren der Wohnung tatsächlich zwingend nötig werden, um eine geordnete Umgebung zu schaffen, in der die Gedanken nicht mehr von Schuldgefühlen durchtränkt sein müßen. Das Letzte, woran man beim eigenen Rückzugsort denken sollte, ist ein überwältigendes Durcheinander! Hier kann es "tatsächlich kathartisch sein, wenn man sich gute, konsistente Organisationsgewohnheiten aneignet". 
Aber auch in einem weniger bedrängendem Lebensumfeld erleichtert ein aufgeräumtes Zuhause z.B. die InstandhaltungVon der Reinigung bis zur Reparatur geht alles viel reibungsloser, wenn alles seinen Platz hat und man infolgedessen schneller mit allem, was eben so nötig ist, durch ist. 
Ebenso kann es helfen, stressauslösende Auseinandersetzungen mit anderen zu verhindern: wenn es Meinungsverschiedenheiten, insbesondere um so unbedeutende Dinge wie mangelnde Ordnung oder Putzen gibt, lohnt es, sich lieber Zeit für gute Organisationsroutinen und -systeme zu nehmen, als den Hausfrieden zwischen allen Beteiligten zu gefährden. Denn ein harmonisches Zusammenleben ist ein Garant für seelisches Wohlbefinden, was nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. 
Wichtig, wer mit Kindern zusammenlebt: "Wenn den Kindern selbst nicht beigebracht wurde, wie man gut organisiert und aufbewahrt, wird es immer wieder zu Konflikten kommen." Aufräumen muss man erst lernen, und genauso, wie manche Erwachsene das noch nachholen müßen, ist es wichtig, diese Fähigkeit den Kindern beizubringen und nicht als etwas Gottgegebenes vorauszusetzen. 
Wenn Räume gemeinsam organisiert sind, wissen Kinder, wo sie suchen, aber auch, wo sie Gegenstände zurücklegen müssen." 


Das Nichtsuchen nach Gegenständen hilft, den Stresspegel in einem Zuhause zu senken.


3. Eines kommt zum anderen


Die Aufrechterhaltung eines organisierten Zuhauses kann ein guter Ausgangspunkt für die Entwicklung positiver Gewohnheiten sein. Zunächst mal ist es ein machbares Projekt mit einem klaren Ziel, bei dem man den Lohn seiner Mühen direkt im Anschluss sehen sehen kann. Das erleichtert es einem, den Akt des Organisierens und Aufräumens mit der positiven Belohnung eines ästhetisch ansprechenden Raums zu verbinden. Da diese Belohnung sofort erfolgt, verstärkt sie sich quasi selbst und wir sind motivierter, es wieder zu tun!
Gleichzeitig schaffen wir mit dem Aufräumen erst die Grundlage dafür, wirklich ausgiebig und jeden Bereich des eigenen Heims zu putzen. Denn wer schonmal versucht hat, in unaufgeräumte Räume mit dem Feudel oder Putzlappen zu gehen, der weiß: das klappt nicht und entnervtes Aufgeben ist vorprogrammiert. So aber ist es uns nach dem Aufräumen plötzlich möglich, andere Projekte anzugehen wie z.B. neue Reinigungstipps auszuprobieren, was uns ein weiteres Erfolgserlebnis verschafft und für weiteren Auftrieb sorgt. Positive Neuerungen verstärken sich somit selbst. Die Organisation unseres Zuhauses kann sich somit auch auf andere Bereiche unseres Lebens erstrecken.

Wenn wir uns angewöhnen, für Ordnung zu sorgen, sind wir möglicherweise auch eher geneigt, gesündere Lebensgewohnheiten anzunehmen.


4. verstärkte Produktivität


Die Steigerung der Produktivität zu Hause kann erschwert sein durch das Chaos, was einen umgibt - mitunter macht es uns unsere Umgebung sogar unmöglich, Aufgaben zu erledigen, egal wie viele Produktivitätstipps wir versuchen umzusetzen. Wenn wir in der Unordnung einfach nicht finden, was wir suchen und brauchen oder ständig abgelenkt sind von optischer Unruhe, dann wird klar, wie sehr schlichte Unordnung die Konzentration auf Aufgaben erschweren kann.
Wenn die eigenen Habseligkeiten aber so organisiert sind, dass sie einem dienen und den eigenen Arbeitsfluss sogar noch unterstützen, statt ihn zu stören, dann kann man die alltägliche Aufgaben effizienter erledigen und hat ebenso mehr Zeit, sich noch auf Hobbys und Leidenschaften zu konzentrieren.

Sobald wir unser Zuhause aufgeräumt und organisiert haben, fällt es uns leichter, die Ordnung aufrechtzuerhalten, was auf lange Sicht Zeit und Aufwand spart und mehr Raum für andere Projekte läßt.

ENTRÜMPELN FÜR DIE GESUNDHEIT?

Aufräumen und Ordnen scheint tatsächlich gut für die körperliche und geistige Gesundheit zu sein, so seltsam das auch klingen mag. Das Entfernen überschüssiger Dinge, welche negative Gefühle wie Schuld oder Scham hervorrufen, und aller Gegenstände, die alltägliche Aktivitäten im eigenen Zuhause blockieren, kann in der Quintessenz dazu beitragen, dass dieses luftiger wirkt, das Putzen einfacher wird und man entspannter darin lebt.

Dabei gibt es viele Möglichkeiten, das eigene Leben zu entrümpeln, seien es nun hardcore-Ausmiststrategien, auf die Minimalisten schwören, bis hin zur schlichten Neustrukturierung der eigenen Habe mit mehr Aufbewahrungsmöglichkeiten, in denen jeder Gegenstand ein definiertes Zuhause bekommt, ohne aber wirklich viel weggeben zu müßen.




hindernisse aus dem weg räumen


Aufräumen ist eine anstrengende geistige und körperliche Aufgabe, die jeden erschöpfen kann. Denn auch wenn das Aufräumen langfristig dazu beträgt, Entscheidungsmüdigkeit im Alltag zu vermeiden, kann das Aufräumen selbst ermüdend sein: was soll ich behalten, was wegwerfen und kann man davon noch was spenden? – insbesondere beim Aufräumen von Dingen, die einen sentimentalen Wert haben. Besonders wenn das eigene Zuhause überfüllt ist von genau solchen Gegenständen, kann dieser Prozess überfordernd wirken - aber langfristig zahlt er sich aus: wer nicht mehr ständig nachdenken oder gar suchen muss, um selbst alltägliche Gebrauchsgegenstände zu finden, hat mehr Zeit für die Dinge, die ihm wirklich wichtig sind. 




Allerdings sollte niemand normale Entscheidungsmüdigkeit mit genereller Unentschlossenheit verwechseln: wer bei allen Fragen des täglichen Lebens lange zögert und sich selbst bei banalen Entscheidungen im Nachhinein geißelt, ob er nun das richtige getan hat oder nicht, leidet an mehr als nur simpler Überlastung durch zu viele Entscheidungen, die am laufenden Band auf einen einprasseln. Denn Entscheidungsmüdigkeit und eine generelle Scheu, jegliche Entscheidungen zu treffen, sind nicht dasselbe: ich kenne das Problem ebenfalls von mir selbst und kann sagen, auch dagegen kann Aufräumen eine gute Übung sein. Es gilt mal wieder:  "es gibt nichts Gutes, außer man tut es" und hier passt das Motto 'just do it' ganz fantastisch. 

Denn auch wenn ich mich früher mit vielen Entscheidungen schwer getan habe (und zwar von vorneherein, nicht erst, wenn mein Akku schon leergelaufen war), so habe ich im steten Ausmisten und Aussortieren eine prima Übung gefunden, um mich erstmal an leichten Aufgaben dahingehend zu versuchen. Heute habe ich sogar richtiggehend Freude daran gefunden, mich solchen Dingen zu stellen, einfach weil es mir im Nachhinein so gut getan hat. Was das Aufräumen angeht, bin ich heute also durch das reine Machen viel besser darin, mich zu entscheiden, was ich behalten will und was nicht, was ich für wichtig halte und was für vernachlässigbar. Und das hat mich auch ganz allgemein entscheidungsfreudiger und somit aktiver gemacht. Die Furcht vor Entscheidungen lähmt mich heute weniger, was ebenso bedeutet, daß ich produktiver geworden bin: ich kriege mehr gebacken, weil ich weniger falsche Entscheidungen auf dem Weg dahin scheue.




Wer sich wirklich schwer mit dem Ganzen tut und seine Entscheidungsfindung verbessern möchte, kann das laut Kognitionswissenschaft folgendermaßen tun: statt mehrere Optionen auf überlappende Eigenschaften zu vergleichen (was auch der vom Gehirn favorisierte Vergleichsprozess ist), kommt man zu besseren Ergebnissen, wenn  man sich die Zeit nimmt, um sich auf jede Option einzeln zu konzentrieren und sich den Kontext vorzustellen, in dem man mit dieser Option leben wird. Es ist also wichtig, von der Theorie in die Praxis zu wechseln: wir sollten uns genau vorstellen, was wir mit dem Gegenstand/dem Projekt/der Konsequenz aus der Entscheidung in der Zukunft tun werden, wie wir es nutzen und wie sich das für uns anfühlen wird.  
Gleichzeitig ist es wichtig, sich auch über die Aspekte jeder Option, die man auf Anhieb nicht so gut versteht, weil man sich nicht mit ihnen auskennt, weitergehend zu informieren. Es ist weitaus besser, gleich von sich aus mehr Erkundigungen einzuholen, bevor man etwas auswählt, als sich in Richtung einer Option treiben zu lassen und dann zu erkennen, dass es wichtige Aspekte davon gibt, die man noch nicht verstanden hat.

Die isolierte Betrachtung jeder einzelnen Entscheidungsmöglichkeit für sich kann wertvoll sein, ist aber mühsam. Wenn jedoch viel auf dem Spiel steht, lohnt es sich, die erforderliche Arbeit zu leisten, um jede Option einzeln zu verstehen und zu bewerten. So kann auch mehr Vertrauen in die eigene Entscheidungsfindung aufgebaut werden, weil diese Technik ein größeres Maß an Kontrolle beinhaltet.


Just do it


Bei kleineren, nicht so wichtigen Entscheidungen ist dieser Aufwand aber übertrieben: da hilft die entweder/oder-Taktik viel besser, um sich gleich etwas vor der übergroßen Entscheidungsangst zu desensibilisieren. Wer im Supermarkt vor dem Schokoriegel-Regal steht und sich nicht sofort entscheiden kann, greift einfach wahllos zu einem, bezahlt, verläßt den Laden und schaut nie wieder zurück. Der einzige Gedanke, der darüber erlaubt ist, heißt "das habe ich ganz richtig entschieden!".





auräumen = entscheiden(d)


Zusammengefasst kann ich sagen, daß Aufräumen für mich viel mit Entscheidungsfindung zu tun hat, weil mich der Prozess des Ausmistens und Umdenkens tatsächlich auch hinsichtlich meiner allgemeinen Entscheidungsschwäche unterstützt hat: denn heute sehe ich die Massen an KRAM, die überzählig (!) hier herumliegen nicht mehr als lässliche Sünde oder eher, lässliches Laster, denn als wirkliche LAST im Sinne von belastend - und damit meine ich, daß mir das alles tatsächlich auch auf der Seele lag!

Inzwischen sehe ich den ganzen Wust nämlich aus dem Standpunkt meines Gehirns, durch welches ich meine Umwelt erlebe - und unser Denkorgan ist eine Problemlösemaschine, keine 'übers-Problem-Nachdenk-Maschine'; deswegen mag es auch keine unabgeschlossenen Projekte, da es sich solange auf das Problem fokussiert, bis es gelöst ist. Ein ungelöstes Problem liegt also quasi immer wie ein offener Tab im Hintergrund und frisst Arbeitsspeicher. Das macht es insgesamt langsamer, da es am besten arbeitet, wenn wir es nicht zwingen, mehrere Anwendungen offen zu halten, also dazu betreiben, was wir als Multitasking bezeichnen.
Und eben so ein ungelöstes Problem bzw. ein nicht abgeschlossenes Projekt ist jeder noch so kleine Haufen Kram, den ich nicht gleich ordentlich weggeräumt habe, jedes bißchen Unordnung, so ich es nur als 'unordentlich' erlebe - all das sieht und bewertet mein Inneres als offenen Punkt auf einer ewigen To Do-Liste, die mich im Hintergrund davon abhält, mich ganz auf etwas anderes zu konzentrieren. 




Insofern ist es vielleicht verständlich, daß ich mich heute, wo ich etwas mehr die Oberhand über das Chaos gewonnen habe, nicht nur erleichterter und irgendwie befreiter, sondern manchmal sogar fast wie freudig über einen erlebten Sieg fühle - denn  im gleichen Atemzug mit der Bewältigung des Materiellen habe ich meine Stimmung aufgehellt: und das ist mir das Wichtigste. Ich FÜHLE mich nun anders als zuvor, genauer gesagt, besser, schlicht und einfach, weil ich mich nicht bloß als handlungsfähiger erlebe, sondern auch ganz praktisch nun produktiver sein kann. Denn heute muss ich mich weniger oft mit dem unaufgeräumten Schreibtisch beschäftigen, den ich zuallerst aufräumen muss (und dabei meine gesamte Aufmerksamkeitsspanne in die Entscheidungen über was-kommt-wohin? verpulvern), und kann gleich machen, was ich eigentlich tun möchte. Und das habe ich ganz alleine geschafft (okay, mit Hilfe 😉).




0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

ACHTUNG: Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z.B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google

Kommentare, die Werbung oder Links mit der klaren Absicht zur Werbung enthalten, werden vor Veröffentlichung aussortiert und ohne Ankündigung gelöscht.

Back to Top