Wandeln durch Handeln | Widerstand überwinden mit 2 Techniken

Mittwoch, 9. April 2025





Das hätte ich sein können oder: das hätte ich werden können, ganz ernsthaft.


Der Wunsch, etwas zu tun und gleichzeitig die Unfähigkeit, es zu tun - bzw. die Vollzugsschwierigkeit, das geplante Tun einfach umzusetzen und mich deswegen nie auf den gewünschten Zustand hin zu bewegen - das kenne ich.

Ich kenne das alles, seitdem ich denken kann. Ich sehe das ganze "Aufräumen - Ordnung schaffen und Ordnung halten - Licht ins Chaos bringen" mittlerweile wie einen zweigeteilten Prozess: es gibt einmal den ganz praktischen Teil, in dem es um Techniken geht, um Methoden, Routinen und Regeln, die wirklich keine große Wissenschaft darstellen und die von jedem auf relativ einfache und auch schnelle Art und Weise erlernt werden können.

Und dann gibt es das viel größere Hindernis, was allen - selbst den schlausten Menschen auf diesem Planeten - wie ein riesiger Felsblock bei der Durchführung dieser Tätigkeiten im Weg stehen kann: der innere Widerstand, the resistance to change.. und woher der kommt und woraus genau der sich zusammensetzt, ist eigentlich die wichtigste Frage, die sich jeder beantworten muss, der sich ganz ehrlich die Frage stellen will: "Warum schaffe ich es nicht, xy zu tun, in diesem konkreten Beispiel: Ordnung zu halten?"

Wer sich diese Frage abschließend beantworten konnte, der bringt - meiner Meinung nach - damit Ruhe ins ganze System. Denn der große Kampf gegen diese innere Unbekannte ist damit erstmal beendet und wir können uns auf das konzentrieren, was tatsächlich ganz praktisch und fassbar vor uns liegt - was jedoch nicht bedeutet, dass diese innere Einstellung, die sich fast schon bis hin zu einem Persönlichkeitsmerkmal in uns hinein gefressen hat, nicht auch beim Umsetzen der Tätigkeiten immer wieder störend dazwischen funken wird. Da hilft es dann, auf genau die Taktiken zurückzugreifen, die helfen, kleine und auch größere Widerstände erstmal temporär zu überwinden, was dann seinerseits dazu führt, dass ein Lerneffekt eintritt. Ganz konkret meine ich damit, dass es mir - ganz praktisch - geholfen hat, bestimmte Tätigkeiten einfach nur immer wieder auszuführen und mir damit selbst zu beweisen, dass es a) gar nicht schlimm ist und b) dass ich es kann und sehe, dass es tatsächlich zu einem Ergebnis führt, was mich auch innerlich aufheitert und nicht bloß meine Bude auf Vordermann bringt, was sich dann seinerseits tatsächlich auch auf mein Seelenleben ausgewirkt hat, so dass ich in Zukunft - was diese Aufgabe angeht - viel weniger verkrampft und mit mehr Offenheit daran herangegangen bin.


Der Widerstand in mir war zurückgegangen, ohne daß ich tatsächlich viel innerliche Arbeit geleistet hatte, sondern nur durch den Effekt des 'learning by doing'; ich könnte mir vorstellen, dass vielen Menschen das helfen könnte, es einfach zu machen und dabei zu merken, wie andere Dinge, wie nebenbei, sich auch bessern, obwohl wir uns gar nicht aktiv mit dem jeweiligen Problem beschäftigt haben, sondern bloß mit einer Auswirkung* dieses Problems (*einem Problem sozusagen, was das zugrundeliegende Problem in unserem Leben erst geschaffen hat, denn: Probleme führen zu anderen Problemen, die dann, wie die Schichten einer Zwiebel, übereinanderliegen) 


Indem ich quasi ein Produkt* des Widerstands entferne, wird der Widerstand selbst nicht überflüssig, aber ich nehme ihm die Macht: denn der Widerstand ist natürlich in meinem Leben immer noch da, aber ich bin nicht mehr allein mit ihm, da ich etwas anderes, Positives hinzugefügt habe, was vorher nicht da war. Ich muss mich nicht mehr allein mit meinem Widerstand und dem, wie paralysierten Zustand, in den er mich gebracht hat, beschäftigen, weil es jetzt außerdem noch produktive und positive Dinge gibt, die ich durch die Fähigkeit zum Aufräumen u.ä. in mein Leben hinein gebracht habe.


Er darf halt da sein, aber er muss sich den Platz jetzt teilen: mit guten Gewohnheiten, mit Produktivität und schönen Dingen, die ich mir im Ergebnis selbst erarbeitet habe. Und manchmal beachte ich ihn deswegen gar nicht mehr und gehe komplett auf die Seite, wo es hell & sonnig, ordentlich und gar nicht mehr widerständig ist.




Resistance to change 

the wish to ptotect onself
Ich sehe den Widerstand gegen Veränderungen mittlerweile als den Wunsch, sich selbst zu schützen: 

  • wer vorurteilsbehaftet (intolerant) und schnell schnell negativ/pessimistisch ist = gebranntes Kind
  • für wen vieles wäh! und das Fenster für Toleranz sehr klein ist = vieles/wichtiges wurde schon mal als negativ erlebt, deswegen ist das Motto: lieber bei dem Bekannten/ Ungefährlichen bleiben
  • für wen dies und das aus unerfindlichen Gründen ihh! ist = hat eine arbiträre (willkürliche, beliebige) Verbindung von einer als ungeborgen erlebter Situation mit Bild/Geruch/Ding aufgebaut (= eine, von außen betrachtet, unlogische Assoziationskette)
  • wer hohe Erwartungen hat und das Gegenteil von nachgiebig und 'chill' ist = der hat damit einen Schutzwall um sich herum aufgebaut




Ich denke heute: die Menschen sind nicht unwillig, sie sind unsicher. Wer stark ist, kann großzügig mit seiner Stärke umgehen und nachgiebig und flexibel sein. Und wer Sicherheit hat, kann (auf gut neudeutsch) gechillt sein. "Freiheit muss man sich leisten können", sozusagen.


Wer all das nicht hat, muss immer abwehren, auf jede erdenkliche Art und Weise. Denn er muss mit seiner begrenzten Stärke haushalten. Jeder, der immer nur ein kleines window of tolerance (Toleranzfenster: was ist das?) hat, ist gebeutelt (worden) und lebt die verkleinerte, da vernarbte Welt nun so gut aus, wie er kann. Das Gegenteil dazu wäre die Heilung mit Weite, Offenheit, Freiheit.


***


Wie nutzt uns das in der Praxis? Mein Vorschlag ist, für euch vorab zu bestimmen, ob ihr auf dem Spektrum der Empfindsamkeit mehr zu zartbesaitet oder hartgesotten tendiert.

Ich zum Beispiel bin eine schöne Mischung aus beiden Extremen: bei manchen Dingen sehr zartbesaitet, rufe ich bei anderen kaltlächelnd "reiß das Pflaster schnell ab!".




Wer vernunftbegabt vorgehen und sich z.B. sagen kann: 

ich bin erwachsen, ich werde mich doch wohl zusammenreißen und mein Vorurteil mal runterschlucken können, wenn es zu meinem Vorteil sein kann!

der hat es natürlich in vielerlei Hinsicht leichter. Ich kann mich z.B. bei manchen Unternehmungen gut mit mir selbst GEGEN das Problem verbünden, gemäß dem Motto: vereint gegen den Feind, weil es mir naturgemäß gegen den Strich geht, wenn etwas denkt, über mich herrschen zu können, und wenn es nur ein dummes Ding ist. Dann erst recht nicht!! 


Aber genauso gut gibt es Situationen, die mich ins Bockshorn jagen und bei denen ich mich quasi schon im Vorfeld auf dem Schlachtfeld geschlagen gebe und auf den Rücken lege: insofern ist es immer nützlich, sich selbst aufmerksam zu begegnen und zu fragen: 


wehre ich mich gerade gegen das Projekt - oder gegen was anderes, was damit zu tun hat? 


Ein guter Indikator ist dabei die Körper-Gefühlsebene: wer starke Gefühle gegen etwas aufbringen kann, der hat damit in irgendeiner Weise eine Rechnung offen, quasi entgegengesetzt zu meiner Formulierung "da kann ich kaltlächelnd das Pflaster schnell abreißen", was nichts anders heißt also: schön emotionslos. 


der Widerstand schützt euch nicht vor dem Problem, er blockiert nur die Lösung


Wer also die Sache an sich mit etwas anderem vermischt, was er stark ablehnt, macht es sich unnötig selbst schwer. Ein Beispiel: wer z.B. als Kind immer wieder harsch aufgefordert oder gar beharkt wurde, aufzuräumen, seine Schuhe zu putzen oder in der Schule gute Leistungen zu erbringen, komme was wolle, der hat mitunter die gute Sache mit der verbesserungswürdigen Art&Weise verknüpft, so daß er sich gemerkt hat - Ordnung, Schuheputzen und gute Leistungen sind wäh! Dabei sind diese Konzepte etwas, was euch sogar nützt, nur die Art und Weise eurer Eltern, euch dazu aufzufordern, zu drillen oder gar zu malträtieren, war schlimm. 


  • Wer immer nur gedrillt wurde, reagiert heute mitunter auf alles allergisch, was nur entfernt nach Aufforderung klingt.
  • Wer immer nur kritisiert wurde, verträgt heute mitunter keinen Tropfen Kritik mehr, nicht einen einzigen.
  • Wer immer nur auf Leistung getrimmt wurde, vermeidet heute mitunter alles, wo er sich nur für seine Arbeitsergebnisse, nicht aber seine Gefühle gesehen fühlt. 

Nutzen tut euch dieser nachträgliche Aufstand aber nicht. Er hat auch keinen Einfluss mehr auf die Verursacher des Ganzen: der böse König wird durch eure Verweigerung nicht entmachtet. Der ist nicht mal mehr da. Der einzige, der daran - quasi zum zweiten Mal - Schaden nimmt, seid ihr.

Ein für jeden nachvollziehbares Beispiel sind Menschen, die schlechte Erfahrungen beim Zahnarzt gemacht haben: wenn ihr in dieser Lage wärt und dann nie mehr hingeht, beweist ihr dem Zahnarzt damit gar nichts. Der hat nichts davon, wenn ihr nicht mehr zu ihm kommt: seine Beißerchen sind ja gut in Schuß! Das Aufbegehren gegen oder das Vermeiden der Behandlung befreit euch nicht im Sinne der französischen Revolution, sondern hindert euch nur daran, gesund zu leben, weil ihr ein verrottendes Etwas im Mund mit euch rumtragt. 

Deswegen kann jeder nachvollziehen, warum es dort absolut nötig ist, eine Desensibilisierungs-Behandlung zu machen, eine Verhaltenstherapie mit Exposition, um die Ängste aufzulösen und euch wieder das zu ermöglichen, was zuallererst mal nur euch zugute kommt.



Nicht dagegen sein, damit arbeiten


Bei anderen Bereichen, denen wir uns durch unseren eigenen Widerstand verschließen, ist das nicht so offensichtlich: aber nur weil ihr keine sichtbaren Zahnstummel mit euch herumtragt, heißt das nicht, daß in eurem Körper-Geist-Seele-Haus nicht doch so einiges vor sich hinrottet, was euch schadet.

Sooooo... und was ist die Lösung, nachdem ich nun allen ausreichend Angst vor den innerlichen, sich hingammelnden Zahnruinen gemacht habe:

Wenn ich das Projekt also doch machen will, wie komme ich nun um meine Ablehnung, rein gegen die Art & Weise, herum?

Mit Neugierde! Indem ihr aufmerksam mit euch umgeht, analog zu einem guten Arzt, der sich bis zur richtigen Diagnose durchfragt. 


Das geht von zwei Seiten aus - einmal von innen & dann von außen.



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